Datenschutz und autonomes Fahren
Autonom fahrende Autos sollen laut der deutschen Bundesregierung in Projekten ab 2022 im Regelbetrieb getestet werden. Es liegt aber in der Natur der selbst fahrenden und vernetzten Autos, dass viele (auch sensible) Daten anfallen, über deren Schutz und Zugriff schon lange nicht nur zwischen der Autoindustrie, Kartenanbietern und Datenschützern gestritten wird.
Inwieweit dieser Streit die Entwicklung autonomer Autos in Deutschland bremst und was die aktuellsten Überlegungen von VW und Daimler dazu sind, erfahren Sie hier.
Gesetzesentwurf zum autonomen Fahren gebremst
Ein Gesetzentwurf zum autonomen Fahren führte schon 2020 zu einem Streit in der Regierungskoalition. In einem Entwurf von Anfang Oktober 2020 war eine Datenübermittlungsregelung eingefügt worden, die vom Bundesjustizministerium aus Datenschutzgründen zurückgewiesen wurde.
Kritik des Bundesjustizministeriums
In der entsprechenden Begründung hieß es, dass es sich auch um „sensible personenbezogene Datenkategorien [handele], die beim autonomen Fahren anfallen, wie etwa die Positionsdaten des Fahrzeugs, aus denen sich Bewegungsprofile der Fahrzeuginsassen erstellen lassen würden“. Deshalb dürfe es keine gesetzliche und generelle Datenübermittlungsregelung geben.
Vor allem kritisiert das Ministerium aber, dass aus dem Entwurf kein Schutz der Daten hervorgehe. Der Halter müsse die Datenhoheit über seine Daten behalten können, was unter dem Entwurf nicht möglich ist. Der Entwurf ermögliche es nämlich, dass das Bundeskriminalamt und der Verfassungsschutz über das Kraftfahrtbundesamt, an das die Daten übermittelt werden würden, auf die Daten zugreifen könnte. Solange der Halter nicht die Datensouveränität innehat, sieht das Ministerium hier einen Verstoß gegen die DSGVO.
Diese Datensouveränität des Halters müsse sich auch auf Daten erstrecken, die der Hersteller erhebt, um zum Beispiel den Verschleiß von Fahrzeugteilen zu ermitteln. Es sei für den Hersteller nicht möglich, diese Datenhoheit über AGB auszuschließen. Stattdessen müsse der Hersteller nicht nur den Zugriff des Halters auf die Daten, sondern auch eine Übermittlung an Datentreuhänder über offene Schnittstellen ermöglichen.
Daten hingegen, die keinen Rückschluss auf die Person zulassen, sollen an zentrale Anlaufstellen übermittelt werden können, wo sie zum Beispiel zur Verkehrsplanung genutzt werden können.
Gegenstimmen
Die Reaktion des Bundesjustizministeriums wurde von anderen Seiten als verwunderlich angesehen, da es in den ersten kommenden Jahren wohl nur um kommerzielle Mobilitätsdienstleister als Betreiber von autonomen Fahrzeugen gehe. Es sei nicht ersichtlich, wie aus den Standortdaten von öffentlichen Verkehrsmitteln zum Beispiel die Bewegungsprofile einzelner Personen zu erkennen seien.
Von anderen Seiten wird es als nicht nachvollziehbar bezeichnet, warum das Justizministerium das Problem der Datenhoheit in einem Gesetz über das autonome Fahren regeln will. Bisher wird dadurch nur eine Blockade des Gesetzesentwurfes bewirkt, wodurch eine Durchsetzung in dieser Legislaturperiode unwahrscheinlich wird. Die Vision, dass Deutschland das erste Land wird, dass fahrerlose Kfz im Regelbetrieb erlaubt, rückt damit in weite Ferne.
Dieser Streit wird natürlich auch von der Autoindustrie stark kritisiert. Auch hier wird befürchtet, dass damit der technische Fortschritt enorm gebremst und Deutschland eine mögliche führende Rolle im autonomen Fahren verwehrt wird.
KI-Datenstrategie von VW
VW-Konzernchef Herbert Diess ist der Überzeugung, dass autonomes Fahren mit klaren Verbraucherrechten gekoppelt werden muss. Bezüglich der vielfachen Datenschutzfragen fordert er ein sensibles Vorgehen. Dabei müsse aber unterschieden werden zwischen Art der Daten, den jeweiligen Anwendungsbezügen und den Bedingungen des jeweiligen Marktes.
VW setzt auch angesichts der politischen Uneinigkeiten in Deutschland zunächst auf eine mittelfristige Durchsetzung der Technik.
Äußerungen von Daimler
Daimler-Chef Ola Källenius sieht in den neuen Diensten sogar eine Chance, Datenschutzbedenken entgegenzutreten. Dabei müsse schon für jetzige Angebote auf Transparenz gesetzt werden. Er betont dabei, dass es für den Fahrer immer möglich sein soll, Dienste nach eigenen Vorstellungen ein- und auszuschalten. So könne man durch das Abschalten des Fahrzeugtrackings auch ganz „privat“ fahren.