Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) geht die bisherige Fluggastüberwachung des Bundeskriminalamtes (BKA) zu weit. Eine anlasslose Speicherung wie sie von August 2018 bis April 2022 stattfand, ist demnach unzulässig.

Erfahren Sie hier die Details.

Bisheriges Vorgehen des BKA

Im Zeitraum von August 2018 bis April 2022 hat das BKA laut eigener Aussage im Rahmen der Fluggastüberwachung Datensätze von 145.821.880 Fluggästen gespeichert und ausgewertet. Etwa 61% dieser Datensätze wurden anlasslos erhoben und gespeichert.

Gestützt ist dieses Vorgehen auf eine EU-Richtlinie zu den sogenannten Passenger Name Records (PNR). Diese Richtlinie dient dem Kampf gegen Terror und schwere Kriminalität. Die deutschen Polizeibehörden haben die Datensätze aller Flugpassagiere dazu in ein Abgleichsystem eingespeist. Hier findet zum Beispiel ein Abgleich der Fluggastdaten mit polizeilichen Datenbanken statt. Dies dient beispielsweise der Identifizierung flüchtiger Straftäter. Findet das Abgleichsystem einen Treffer, schließt sich laut BKA anschließend noch eine händische Überprüfung an.

Bisher wurden diese Daten unterschiedslos für alle Flugpassagiere fünf Jahre lang gespeichert. Nach sechs Monaten fand allerdings eine „Depersonalisierung“ statt, die aber auf richterlichen Beschluss hin umkehrbar war. Der Fall einer solchen Umkehr soll laut BKA in den vergangenen Jahren in 670 Fällen eingetreten sein.

Entscheidung des EuGH

Der EuGH stellte in einer Entscheidung (Rechtssache C-817/19) fest, dass die Verarbeitung von Fluggastdaten in der EU auf das Nötigste beschränkt werden muss.

Auf der einen Seite sieht die europäische PNR-Richtlinie zwar die systematische Verarbeitung von Fluggastdaten bei der Überschreitung einer EU-Außengrenze vor. Dabei sind Daten wie Anschrift, Gepäckangaben, Telefonnummer und Namen von Mitreisenden betroffen.

Auf der anderen Seite stellt der EuGH nun klar, dass die Richtlinie eng auszulegen ist. Die Übermittlung, Verarbeitung und Speicherung von Fluggastdaten zur Bekämpfung von Terror und schwerer Kriminalität ist demnach auf das absolut Notwendigste zu beschränken. Der EuGH führt weiter aus, dass nur die im Anhang der PNR-Richtlinie aufgeführten Informationen erfasst werden dürfen. Zudem müsse bei den erfassten Daten immer ein objektiver Zusammenhang zwischen Terror beziehungsweise schwerer Kriminalität und der Beförderung von Fluggästen bestehen. Eine Ausdehnung auf alle Flüge sei dann nur zulässig, soweit ein Land mit terroristischer Bedrohung konfrontiert ist.

Die PNR-Richtlinie dürfe gerade nicht zu anderen Zwecken wie der Verbesserung der Grenzkontrolle oder dem Kampf gegen illegale Einwanderung missbraucht werden, betont der EuGH.

Neben der Menge an erfassten Daten fordert der EuGH auch eine Reduzierung der Speicherdauer.

Reaktionen auf die EuGH-Entscheidung

Das BKA äußerte, dass es die neuen Einschränkungen für „nicht förderlich“ für eine effektive Strafverfolgung und die Gewährleistung von Sicherheit halte.

Eine entsprechende Anpassung des deutschen Fluggastdatengesetzes steht noch aus. Bundesinnenministerin Nancy Faeser gab an, die Entscheidung erst noch auszuwerten, bevor sie eine entsprechende Änderung anstoße.

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